Alle Fragen rund um das Freizügigkeitskonto werden hier beantwortet!

Kategorie: Geschäftsfälle Seite 1 von 2

Todesfall: Geld ist bei Überschuldung NICHT verloren

Stellen Sie sich vor, dass Ihr Vater verstorben ist. Er war überschuldet (=hatte nur Schulden). Was geschieht mit seinem Vorsorgegeld auf dem Freizügigkeitskonto?

Viele wissen es nicht, aber das Geld ist nicht verloren. Gemäss Gesetz gelangen die Vorsorgegelder nicht in die Konkursmasse. Sie werden also dennoch an die Erben ausbezahlt werden, auch wenn diese das Erbe ausgeschlagen haben.

In diesem Beitrag haben wir bereits darauf aufmerksam gemacht.

Untenstehend eine graphische Darstellung der Sachlage:

Notlage: können Vorsorgegelder bezogen werden?

In der aktuellen Krise rund um den Corona-Virus fragen sich viele Personen, namentlich Selbstständigerwerbende, ob Gelder aus der Pensionskasse oder aus der 3. Säule bezogen werden können, um den eigenen Betrieb am leben zu erhalten.

Rechtslage dünn

Die gesetzlichen Bestimmungen sehen keinen Bezug hei Notlagen vor. Für selbstständigerwerbende Personen ist ein Bezug während eines Jahres seit Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit möglich. Auch können spezifisch 3a-Gelder bezogen werden, wenn die bisherige selbstständige Erwerbstätigkeit (z.B. aufgrund der Notlage) aufgegeben wird und eine andersartige selbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen wird. So kann ein Cafébetreiber, der seinen Betrieb aufgegeben hat, neu eine Ernährungsberatung eröffnen und dafür 3a Gelder beziehen. Voraussetzung ist immer, dass er selbstständig ist und sich nicht selber bei einer GmbH oder Aktiengesellschaft anstellen lässt.

Bezugsmöglichkeiten in der 2. Säule?

Auch in der 2. Säule ist grundsätzlich kein Bezug möglich. Allerdings hat das Bundesgericht einem Selbstständigerwerbenden Recht gegeben, der freiwillig einer Pensionskasse angeschlossen war und einen Pensionskassenbezug beantragt hatte, um betriebliche Investitionen durchzuführen. Dies könnte auch in der jetzigen Situation denkbar sein.

Handlungsbedarf gegeben?

Es ist naheliegend, dass man in Notlagen auf sein 3a Geld zurückgreifen möchte, zumal es sich um eine private (also freiwillige) Vorsorge handelt. Es ist auch verständlich, dass ein Betriebserhalt eine Art Vorsorge ist. Vor diesem Hintergrund wäre es begrüssenswert, wenn der Bundesrat entsprechende Verordnungsänderungen vorübergehend anordnet. Denkbar wäre ein temporärer Bezug, allenfalls in limitierter Höhe. In der Zwischenzeit hat der Bundesrat Hilfe für Selbstständige in Aussicht gestellt. Wir hoffen alle, dass sich die Situation bald wieder beruhigt.

Erben?

In einem Todesfall verlangt die Stiftung häufig den Erbschein. Dort sind in aller Regel die Erben aufgelistet, die auch das Freizügigkeitsguthaben erhalten werden. Doch Achtung, die Begünstigung in der 2. Säule läuft anders als im Erbrecht.

Ein Beispiel: hinterlässt der Verstorbene seine Ehefrau und ein minderjähriges Kind scheint der Fall klar zu sein. Doch was geschieht, wenn zwei Kinder vorhanden sind, das eine Kind jedoch bereits erwachsen ist? In diesem Fall erhält nur das minderjährige Kind zusammen mit der Witwe das Freizügigkeitsguthaben (je zu 50%). Das erwachsene Kind erhält nichts. Es nützt auch nichts, da es im Erbschein aufgeführt ist. Weitere Beispiele kommen demnächst.


Was tun? Zu Lebzeiten müssen die Besonderheiten der Begünstigungsordnung in der 2. Säule berücksichtigt werden und das Erbe entsprechend anders aufgeteilt werden. Dies kann in speziellen Konstellation auch über eine Änderung der Begünstigungsordnung geschehen. Auf jeden Fall lohnt es sich, einen Spezialisten zu befragen.

Rechnungen einreichen bei Renovationen

Wenn Sie an Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus eine Renovation durchführen, dann können Sie die Rechnungen mit Ihren Vorsorgegeldern bezahlen.

Die Freizügigkeitsstiftung wird dazu im Grundbuch eine Veräusserungsbeschränkung anmerken lassen.

Wie müssen Sie mit Rechnungen umgehen?

  • Die Rechnungen müssen an Sie adressiert sein. Die Adresse ist die Adresse Ihres selbstbewohnten Hauses/Wohnung. Für eine Ferienwohnung werden keine Renovationen bezahlt.
  • Die Rechnung beinhaltet eine Dienstleistung. Do-it-yourself Rechnungen werden nicht bezahlt, da nicht sichergestellt werden kann, dass das Material in Ihrem selbstbewohnten Haus/Wohnung verwendet wurde.
  • Sie müssen in Kauf nehmen, dass Positionen auf der Rechnung, die nicht dem Wohnen dienen (z.B. Hecken schneiden) nicht vergütet werden – informieren Sie sich diesbezüglich zuvor bei Ihrer Stiftung.

Merke: Es gibt gewisse Stiftungen, die Rechnungen vergüten, die bereits einige Monate alt sind. Das heisst, dass Sie in aller Regel die Rechnungen bereits bezahlt haben – dennoch wird Ihnen der Rechnungsbetrag erstattet. Dies ist kulant – nicht alle Stiftungen haben diese Praxis, da Sie ja dieses Geld kaum für die Renovation benutzen werden (da die Rechnung bereits bezahlt wurde).

Todesfall: wann ist man Lebenspartner?

Das Gesetz sieht vor, dass im Todesfall die Person begünstigt ist, die mit dem verstorbenen Vorsorgenehmer in einer mindestens fünf Jahre bis zum Tod ununterbrochene Lebensgemeinschaft gelebt hat. Was das im Detail bedeutet, sehen Sie hier.

Weshalb erhält ein Mörder Kapitalleistungen seines Opfers aus der zweiten und dritten Säule?

Unglaublich? Nein, real. Wenn ein Ehemann seine Ehefrau um die Ecke bringt, dann erhält er ihr Freizügigkeitsguthaben.

Das ist wirklich so, denn eine Erbunwürdigkeit ist nur für das Erbrecht gültig. Nicht jedoch für das Vorsorgerecht.

Interpellation von Ständerat Josef Dittli (FDP/UR)

Ständerat Dittli findet dies unerhört (nicht nur er) und hat eine Interpellation eingereicht. Darin fragt er, weshalb ein Mörder auch noch finanziell für seine Schandtat belohnt wird. Unfreiwillig von seinem Opfer.

Antwort des Bundesrates vom 5.9.2018

Gestern nun hat der Bundesrat geantwortet. In Kürze: er weiss es auch nicht. Findet es aber auch stossend. Immerhin.

Er stellt eine gesetzliche Grundlage in Aussicht. Gut so. Wir sind gespannt.

Kann ich auf meinen Anteil am Todesfallkapital zugunsten anderer Personen verzichten?

Nein. Die Begünstigtenordnung gemäss Art. 15 Freizügigkeitsverordnung ist fest vorgeschrieben. Eine Ausschlagung gibt es nicht.

Es gibt immer wieder Praxisfälle, bei denen die überlebende Ehefrau auf ihren Anteil zugunsten ihrer minderjährigen Kinder (oder ihrer Kinder in Ausbildung) verzichten will. So löblich dies auch erscheint, es geht nicht und wird auch steuerlich nicht empfohlen.

Beispiel: Bei einer angenommenen Dreiteilung des Vermögens (Ehefrau, zwei Kinder) kann die Steuerprogression besser gebrochen werden als wenn man die Besteuerung auf zwei Teile durchführt. Es steht der Ehefrau frei, ihren besteuerten Anteil anschliessend den Kinder zu je 50% zu verschenken.

Kann ein Freizügigkeitsguthaben im Todesfall auf ein Freizügigkeitskonto des Begünstigten überwiesen werden?

Die einfache Antwort ist Nein.

Diese Frage wird zuweilen auch in der 3. Säule gestellt. Mit dem Tod wird das Vorsorgeguthaben jedoch fällig und wird damit besteuert. Eine Überweisung auf ein anderes Vorsorgekonto wäre steuerfrei, was die Steuerbehörden unterbinden wollen.

Die gute Nachricht:

  • das fällige Guthaben wird zu einem privilegierten Steuersatz besteuert.
  • Hatte der verstorbene zwei oder mehr Freizügigkeitkonten, wird analog der 3. Säule die Steuerprogression gebrochen.

Lebt der Begünstigte im Ausland, werden auf dem Guthaben Quellensteuer abgezogen, die in aller Regel bei ordentlichen Besteuerung im Heimatland (der Kapitalbezug muss bei den ausländischen Steuerbehörden angemeldet werden!) zurückgefordert werden können. Die Steuersätze sind vom Sitz der Stiftung abhängig.

Verstorbener war überschuldet – wer erhält das Freizügigkeitsguthaben?

Falls der verstorbene Vorsorgenehmer überschuldet war, regelt das Konkursamt den Nachlass. Damit die Erben die Schulden nicht übernehmen müssen, schlagen sie in der Regel das Erbe aus.

Was viele Erben jedoch nicht wissen, ist, dass die Verteilung des Freizügigkeitsguthabens nicht gemäss Erbrecht erfolgt. Entsprechend fällt es nicht in den Nachlass und damit nicht in die Konkursmasse.

–> Das bedeutet, dass die Erben das Freizügigkeitsguthaben trotz Erbausschlagung erhalten können.

Die Gläubiger können keine Ansprüche an dieses Geld stellen. Der Gesetzgeber hatte dies so vorgesehen, um zu verhindern, dass die Altersvorsorge eines Schuldners aufgefressen wird.

Gestorben, aber nicht gemeldet

Wir haben bereits einige Male hier von kontaktlosen Freizügigkeitskonten gesprochen – auch die Medien nehmen dieses Thema regelmässig auf. Es gibt auch Privatpersonen und Firmen, die daraus ein Geschäftsmodell machen.

Worüber bedeutend weniger gesprochen wird, sind Todesfälle, die der Stiftung nicht gemeldet werden. Weshalb ist das so?

  1. Inhaber kontaktloser Konten können sterben. Falls niemand von diesem Konto wusste, wird entsprechend auch niemand das Geld im Todesfall beanspruchen. Die Stiftung erfährt nichts vom Todesfall und wird mit 74/75 das Geld der Zentralstelle 2. Säule überwiesen. Diese wird nach dem Inhaber suchen und spätestens mit 100 das Geld vereinnahmen zugunsten des Gesamtsystems.
  2. In abgewandelter Form gibt es auch Hinterbliebene, die die Vermögenswerte des Verstorbenen unter sich aufteilen, das Freizügigkeitsguthaben aber vergessen. Für die Stiftung stellt sich die gleiche Fragestellung wie im 1.

Ein Spezialfall ist die Überschuldung. Dazu mehr morgen.

Teilweise werden ziemlich bedeutende Summe nicht beansprucht. Im Todesfall empfiehlt sich auf jeden Fall, bei der Zentralstelle 2. Säule nach allfälligen Freizügigkeitsguthaben des Verstorbenen nachzufragen.

 

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